Der Patscheidhof

Der Patscheidhof im Langtauferertal

Es gibt mehrere Patscheidhöfe, einen im Langtauferertal (der wird hier behandelt), einen in Paznaun (über den habe ich nichts weiter finden können) und einen in Signat in der Nähe von Bozen auf dem Riten. Dieser ist längst nicht mehr im Besitz der Familie Patscheider, der Name ist aber als Hofname erhalten geblieben. Dieser Hof war lange Zeit ein tolles, familiengeführtes Restaurant mit Südtiroler Spezialitäten, ist aber derzeit geschlossen.

 

Hier ist nur der Hof im Langtauferertal gemeint und behandelt:

 

Eines gleich vorweg: Der Patscheid Hof steht heute nicht mehr in seiner ursprünglichen Form, er wurde um die Jahrhundertwende (ca. 1906) neu erbaut. Heute ist er im Besitz der Familie Thöni, er trägt jedoch auf der Vorderseite noch immer die Aufschrift „Patscheid Hof”.

 

Von diesem Hof aus haben sich die Patscheider nicht nur über Tirol, sondern über halb Europa verbreitet, auch auf anderen Kontinenten findet man immer wieder Patscheider. Auf diesem Hof finden wir auch den ersten dokumentierten Patscheider, es ist der 1497 geborene Clauß Patscheidt, von welchem die meisten der heute lebenden Patscheider abstammen.

 

In früheren Zeiten war so ein Hof fast schon eine kleine Siedlung, welche aus mehreren Wohnhäusern und Wirtschaftsgebäuden bestand. Er wurde von mehreren Familien bewirtschaftet und es leben meist 3 bis 4 Generationen auf einem Hof.

 

Wenn man davon ausgeht, dass die durchschnittliche Kinderanzahl damals so um 5 Kinder pro Ehe lag, kann man davon ausgehen, dass so ein Hof von ca. 50 bis 100 Personen bewohnt wurde.

 

Der Patscheiderhof im Langtauferertal ist ein Schwesternhof des Gschwellhofes, von welchem er durch einen Bach (s'Gschwell) getrennt ist. Die beiden Höfe sind eng miteinander verbunden, und nicht selten wechselten die Bewohner von einen auf den anderen Hof.

 

Dissertation Engelbert Waldner:

 

Die wesentliche Quelle meines Wissens ist eine Dissertation von Engelbert Waldner aus dem Jahre 1950, in welcher der Patscheidhof näher beleuchtet wird.

 

Ich habe für diese Seite die entsprechenden Stellen der Dissertation, welche mir in Kopie vorliegt, abgeschrieben. Ich habe dabei nur die Rechtschreibung bei allgemeinen Wörtern an heutige Verhältnisse angepasst und offensichtliche Tippfehler korrigiert. Die Formulierungen wurden im Original übernommen. Um die Beträge klar von den Jahreszahlen abzugrenzen, habe ich die Beträge mit Tausenderpunkten und Nachkomma versehen. Bei der Währung handelt es sich um Gulden, die Abkürzung für Gulden ist mit „fl” angegeben.

 

Beginn Auszug aus: „Langtaufers - ein Beitrag zur Südtiroler geschichtlichen Landeskunde” Dissertation zur Erlangung des Philosophischen Doktorgrades an der Leopold-Franzens-Universität zu Innsbruck. Eingereicht im Jänner 1950 von Waldner Engelbert.

 

C. Siedlungsgeschichte -> 3. Hofgenealogien -> Patscheidhof

 

Patscheid, der Urhof der weit verbreiteten Sippe der Patscheider, umfasst zwei stattliche Häuser und liegt auf 1803m Meereshöhe.

 

Der Patscheidhof ist wohl schon 1317 in der Rechnung des Haupold Passeier unter den Gütern des Landesfürsten angeführt, doch handelt es sich dabei nicht um den in Langtaufers, sondern um den gleichnamigen Hof in Paznaun. 1450 ist dieser Hof wieder unter denen des Landesfürsten angeführt, wobei diesmal aber ausdrücklich erwähnt ist, dass er in Paznaun gelegen sei.

 

Erstmals erwähnt ist der Patscheidhof in Langtaufers im Jahre 1448 unter den ehemals Starkenbergerischen Gütern. Der Zins für diesen Hof betrug damals 28 Schot Käse und 4 Schot Schmalz, derselbe Zins ist auch im Urbar des Jahres 1466 angegeben. 1522 taucht derselbe unter dem Titel „Starckenberger Zins” auf.

 

In diesem Jahre 1522 ist Hans von Patschayd als Inhaber des Hofes erwähnt, es handelt sich dabei wahrscheinlich um den Vater des Claus Patscheider, der bis 1564 Hofinhaber war. In diesem Jahre übergab der Vater seinen drei Kindern Paul, Florian Patscheider und Hans Wadeller für seine Frau Anna Patscheiderin den ganzen Patscheidhof, wobei sich die Eltern bis zu ihrem Tode den Nutzgenuss aus einem Teil des Hofes bis zu ihrem Tode vorbehielten. In der Folgezeit ist aber nur mehr von Paul Patscheider die Rede, vermutlich hat er von seinen Geschwistern deren Hofanteil  erworben, sodass eine Teilung vermieden wurde. Dieser Paul Patscheid starb im Jahre 1584 und hinterließ drei Söhne mit Namen Veith, Thoman und Pauli, sowie zwei Töchter, Ursula und Barbara. Nach dem Tode des Pauli muss der halbe Hof verkauft worden sein, denn 1598 besaß Sigmund Stecher einen halben Hof zu Patscheid, während die anderer Hälfte der älteste Sohn des Pauli, Veith Patscheider besaß. Den Zweitältesten werden wir dann am Gschwellhof finden, als den ersten Vertreter seiner Sippe auf diesem Hofe. 1635 starb Christian Stecher, der Sohn des Sigmund, kinderlos.

 

1636 erscheinen Simon Stecher, ein Bruder des Christian, und Fliri (Florian) Patscheider als Inhaber des Patscheidhofes.

 

1649 waren es Florian Wadeller und Florian Patscheider.

 

1649 vertauschte Wadeller seinen halben Hof dem Hanns Lenntsch.

 

1670 starb Fliri Patscheider und hinterließ drei Kinder, Christian, Florian und Katherina.

 

Hanns Lenntsch behielt seine Hofhälfte bis 1683, in welchem Jahre er sie dem Thoman Joß vertauschte. Vier Jahre später wechselte der Besitzer neuerdings, Gregori Plangger erwarb die Jossische Hofhälfte um 1.540,- fl. Von dieser Hofhälfte waren 1674 vier Tagmahd Wiese verkauft worden.

 

1710 veräußerte Pauli Patscheider dem Josef Folie einen Hofanteil zu Patscheid, wie er es von Gregori Plangger erworben hatte.

 

Dies war die einzige Linie die ich bis hierher verfolgen konnte. Wechselten aber schon hier häufig die Sippen - in etwas über hundert Jahren 7 verschiedene Familiennamen - so sehe ich mich bei den anderen Hofanteilen seit der zweiten Hälfte des 17.Jh. einen meist unübersichtlichen Wirrwarr von Verkäufen, Teilungen und Tauschverträgen gegenüber, die eine zusammenhängende Darstellung unmöglich machen.

 

Es haben sich im Laufe des 17. und 18. Jh. mehrere Zwergbesitze herausgebildet, die dann oft als walzende Güter in rascher Folge von Hand zu Hand gingen. Es mutet uns dies sonderbar an, wo wir auf dem benachbartem Gschwellhof im Gegensatz dazu eine gewisse klare Linie in der Besitzfolge vorfinden werden. Ich führe nun einzelne Besitzwechsel an, und aus der angegebenen Kaufsumme wird man auf die Größe des Gute schlissen können:

 

1637: Veith Patscheiders Erben verkaufen dem „fürnemben” Hans Patscheider, Wirt am Tschamppen in Reschen, ihren gemeinsamen Besitz um 540,- fl.

 

1676: Christian Patscheider überlässt seinem Bruder Florian aus einem Hof 1/3 Behausung, Stadl, Stall, einen Angerund ein Stück Acker für 376,- fl. 1682 verkauft dies Florian Patscheider dem Jakob Mayr weiter.

 

1684 verkauft Georg Follie seinem Schwager Veith patscheider 4 Tagmahd Frühwiese um 463,- fl.

 

1699 veräußerte Thoman Folie dem Hanns Patscheider am Gschwellhof 3 Tagmahd Wiese zu Patscheid um 339,- fl.

 

1703: Christian Stecher verkauft dem Christian Theni, Schneidermeister, eine halbe Behausung, Stadl und Stall, die Hälfte aus 1 Muth, 3 Mezen Samen Ackerfeld und 2 Tagmahd Wiese um 292,- fl.

 

1705: Christian Baumgartners Kinder veräußern dem Christian Theni 1/4 Behausung, Stadl und Stall, ein Stück Acker und Wiese um 175,- fl.

 

1710: Katharina Bedrossin überlässt dem Thoman Patscheider ein „Gietl zu Patscheid” für 520,- fl.

 

1710: Johannes Blass tauscht sein Gut zu Patscheid mit dem des Jakob Franck zu Pedross.

 

1725: Thoman Patscheider verkauft sein „Gistl” dem „fürnemben” Christian Follie, Gerichtsverpflichteter, am Grubhof um 431,- fl.

 

1728: Thoman Patscheider verkauft dem Clemens Pämgarter von seinen noch besitzendem „Haimbetly” die Hälfte für 530,- fl.

 

1728: Maria Mallsauerin verkauft ihrem Sohn Anthoni das Anwesen um 745,- fl.

 

1739: Christian Fritz verkauft dem Johannes Danäll ein „Gietl” zu Patscheid um 382,- fl.

 

Wenn man nun bedenkt, dass um 1700 ein durchschnittlicher Bauernhof im Tal etwa 1.200,- bis 1.500,- fl. kostete, so kann man sich von der Größe dieser Zwerggüter einen Begriff machen.

 

Einen guten überblick über die Besitzverhältnisse bietet uns das Haupt- und Stockurbar von 1740. Damals standen zu Patscheid 4 Behausungen.

 

Den Besitz des Patscheidhofes teilen sich folgende Leute:
  • Christian Follie jun.: 1/2 Behausung, etwa ein Viertel der Güter.
  • Anthoni Franck: 1/2 Haus und nicht ganz ein Viertel der Hofgüter.
  • Johannes Tanall: 1 Behausung und 5 Tagmahd Wiese.
  • Thoman Patscheiders Witwe: 1/2 Behausung und 2 Tagmahd Wiese.
  • Nikolaus Warger: 1/2 Behausung und etwas Garten.
  • Maria Patscheiderin: 1/2 Haus, 1 Tagmahd Wiese, 1 Muth Acker.
  • Johannes Pämgartner: 1 Tagmahd Wiese, 1 Muth Acker
  • Clement Pämgartner: 1/2 Behausung, 2 Tagmahd Wiese, 1 Muth Ackerfeld
  • Gabriel Patscheider, Michael Eller und Florian Eller besitzen je 2 Tagmahd Wiese
  • Michael Eller und Hans Patscheiders Kinder zusammen einen Acker.
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    In den nächsten Jahrhunderten können wir eine etwas rückläufige Bewegung beobachten, ich vermute, dass zwischen 1740 und 1775 eine Brandkatastrophe den ganzen Weiler eingeäschert hat, denn 1775 standen nur mehr 2 Häuser zu Patscheid gegenüber 4 im Jahre 1740.

     

    1775 befand sich ein grosser Teil des Hofes in der Hand des:
  • Gabriel Follie: eine ganze Behausung, 3/4 Jauch Acker, 13 Tagmahd Früh- und 5 Tagmahd Spätwiese.
  • Florian Patscheider: 1/3 Behausung, 1/8 Jauch Acker und 4 Tagmahd Wiese.
  • Christian Theni: 1/3 Behausung, 1/8 Jauch Acker und 4 Tagmahd Wiese.
  • Michael Baumgartner: 1/3 Behausung, 1/8 Jauch Acker und 4 Tagmahd Wiese.
  • Jakob Warger: 1/6 Behausung allein.
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    1809 geht Gabriel Follies Besitz auf seinem Sohn Martin über, dieser Gabriel hatte ihn 1778 von seinem Vater übernommen.

     

    1876 verkauft Johann Eller dem Josef Theni, Bauernsohn zu Gschwell, sein Hofgut zu Patscheid.

     

    1894 überließ Johann Folie seinem Sohn Otto seinen Hof zu Patscheid um 3400 fl.

     

    Heute teilen sich zwei, beziehungsweise drei gutsituierte Bauern den ganzen Patscheidhof.

     

    Die Folie finden wir auch heute noch dort. Den ersten Vertreter dieser Sippe auf den Patscheiderhof sahen wir in Josef Folie im Jahre 1710.

     

    Heute besitzt Gabriel Folie, der Sohn des Isidor, die ganze Behausung Nr. 60 allein, 56a 36m Acker und 3 ha 96a 91m Wiese. Die beiden Vettern Johann und Josef Theni teilen sich die andere Behausung. Die Güter werden gemeinsam eingearbeitet, da Josef kinderlos ist. Josef besitzt neben dem halben Haus 22a 41m Acker, 1ha 96a Wiese und Johann 30a 4m Acker und 3 ha 32a 96m Wiese.

     

    Ende Auszug aus: „Langtaufers - ein Beitrag zur Südtiroler geschichtlichen Landeskunde” Dissertation zur Erlangung des Philosophischen Doktorgrades an der Leopold-Franzens-Universität zu Innsbruck. Eingereicht im Jänner 1950 von Waldner Engelbert.

    Der Patscheidhof

     

    Der Patscheyd-Hof (Patscheidhof, Patscheiderhof) im Langtaufertal. Foto um 1955

    Der Patscheyd-Hof (Patscheidhof, Patscheiderhof) im Langtauferertal. Foto um 1955

     

     

     

    Dieses Bild mit dem Titel „Der Patscheiderhof  (1803 m)” war der Dissertation noch angefügt, man kann daher davon ausgehen, dass es vor 1950 aufgenommen wurde

    Dieses Bild mit dem Titel „Der Patscheiderhof  (1803 m)” war der Dissertation noch angefügt, man kann daher davon ausgehen, dass es vor 1950 aufgenommen wurde.

     

     

     

    Der Patscheidhof fotografiert am 6.7.2003

    Das Foto vom 6.7.2003 wurde mir dankenswerter Weise von Hrn. Bernhard Köllemann zur Verfügung gestellt.

     

     

     

    Der Patscheidhof fotografiert im Juni 2005

    Foto: Juni 2005

    Der Patscheidt Hof steht heute nicht mehr in seiner ursprünglichen Form, er wurde um die Jahrhundertwende (ca. 1906) neu erbaut. Heute ist er im Besitz der Familie Thöni, auf der rechten Hausseite ist dies auch mit entsprechender Aufschrift und Wappen dokumentiert (im Bild nicht sichtbar).

     

     

     

    Luftaufnahme vom Langtauferer Tal mit der Lage der einzelnen Höfe: Melag, Wies, Kappl, Grub, Pratzen, Gschwell und Patscheid

    Luftaufnahme vom Langtauferer Tal mit der Lage der einzelnen Höfe: Melag, Wies, Kappl, Grub, Pratzen, Gschwell und Patscheid.